Sport ist Mord!

Sport ist Mord!

Zu meinem Entsetzen musste ich feststellen, dass ich über die letzten Monate tatsächlich zugenommen hatte. Gerne würde ich an dieser Stelle schreiben, dass die Tatsache mich wie ein Blitz getroffen hat, aber das wäre gelogen.
Da man im Internet nicht lügt, muss ich natürlich bei der Wahrheit bleiben.
Ich weiß schon länger das ich nicht gerade wie Hercules aussehe, es sei denn, Hercules wäre von einem ganzen Bienenvolk gestochen worden und anschließend auf das doppelte seiner Körperfigur angeschwollen.
Ein wirkliches einschneidendes Erlebnis war aber, als mein Hausarzt versucht hatte mich heimlich einzuschläfern. Da wurde mir bewusst, das ich endlich wieder was tun muss.

Zu meiner Verteidigung muss ich aber sagen, dass mein Partner jetzt nicht gerade die beste Unterstützung in der Hinsicht ist. Er spricht abends gerne vom snacken und nein, das ist keine sexuelle Handlung. Unter snacken versteht man das Bereitstellen von Lebensmittel die gleich nach Adolf Hitler auf der Liste des Bösen stehen. Die Rede ist von Chips, Schokolade, Eis oder aber auch mal Gummibären. Ach ja, dazu kommen natürlich auch die unzähligen male, bei denen wir auswärts essen waren. Alles in allem hat dazu geführt, das ich ein wenig aussehe, wie eine Wurst in Pelle. 

Mein Selbsterhaltungstrieb und meine Phantasie haben dann für das gewisse Quäntchen Panik gesorgt. So malte ich mir aus, wie ich als Doppelgänger von Reiner Calmund beim Kochduell in der Jury saß und mir mit den Worten „Dat sieht aber jut us“ ein Stück Schnitzel in den Mund schob. Anschließend erlitt ich vor laufender Kamera einen Herzinfarkt, während Steffen Henssler überlegte in welcher Marinade ich wohl besonders gut schmecken würde.
Spätestens hier war mir klar „ICH MUSS JETZT HANDELN“.

Zuerst dachte ich an ein Fitness Studio.
Die Problematik hier ist aber, das man dort nicht alleine ist. Nein, hier darf man sich sämtliche Trainingsgeräte mit Alpha Kevin und BMW Ali teilen. Deren großes Ziel es ist, auch ihr Gehirn in Muskelmasse zu verwandeln. Währenddessen fragen sie dich nach jeder Übung „Wie viel muss du noch?“, weil sie unbedingt an das Gerät müssen, an dem man gerade angefangen hat zu trainieren. Plötzlich fühlt man sich so unter druck gesetzt, das man leichte Mordphantasien mit einer der Hanteln entwickelt.
Bevor ich also wieder wegen vorsätzlicher Körperverletzung meine Mitgliedschaft kündigen muss, dachte ich mir, es muss einen anderen Weg geben.
Ich wusste ich brauche einen Personaltrainer!
Dafür wollte ich aber kein Geld ausgeben. Also kam mir die grandiose Idee „Frag doch Youtube“.

Sofort habe ich mich an den Computer gesetzt, Internet Explorer aufgerufen und Youtube eingegeben. Nach dem ich die ersten zwei Stunden mit Videos verbrachte, bei denen sich Leute im Fitnessstudio blamierten, suchte ich anschließend nach Workouts für zuhause. Die Auswahl war schier unendlich und beim scrollen hatte ich ein wenig das Gefühl, einen großen Fehler zu begehen. Aber dann sprang mir ein Video besonders in die Augen.
Der Titel des Videos war wie folgt: Abnehmen mit Training Zuhause – 30 Min Workout für Anfänger – Ohne Springen & Knieschonend.
Genau das richtige Video, schließlich stand Abnehmen und Zuhause in einem Satz. 
Sofort sprang ich meine Sportkleidung und stellte mich vor mein Laptop. Hätte sich jemand in meinen Laptop gehackt, wäre er spätestens hier erblindet. 

Ich starte das Video und schon ging es los. Das nette Mädel im Video war so schlank, das jeder Bewegungsmelder Probleme hätte sie zu registrieren. Wir beginnen mit einem „Start in the Workout“ dabei machen wir große Schritte, erst nach Rechts und von dort dann wieder nach Links. Dabei fühle ich mich ein wenig wie eine Quetschkartoffel die gerade versucht in den eigenen vier Wänden ein zu marschieren. Nach dieser tollen Übung starten wir direkt mit unserem Workout. Wir machen nun Sidesteps. Das kann man sich wie folgt vorstellen. Bei dieser Übung versucht man sich mit seinem eigenen Knie ins Gesicht zu treten. Ganz wichtig wäre dabei das Atmen sagt Sie. An dieser Stelle möchte ich mir natürlich nicht ausmalen was passiert wäre, wenn ich spontan mit dem atmen aufgehört hätte. 

Es vergehen gefühlt 100 verschiedene Übungen, welche ich nicht weiter erläutern werde, einfach aus dem Grund, weil der ein oder andere sonst durch seine Vorstellungskraft ein Traumata erleidet.

Während der Übungen fühle ich mich tatsächlich leicht gedemütigt und stelle mir vor, wie das ganze wohl für einen Außenstehenden aussehen muss. Als erwachsener Mann stehe ich tatsächlich in einer Joggingshorts und T-Shirt vor meinem Laptop, dabei mache ich mit leichter Schnappatmung Karate Kicks. Die Chuck Norris für Arme Version. Das Mädel im Video versucht mich nun zu motivieren. Sie sagt immer wieder „so ist gut“ und „komm das schaffst du“. Mein Hass auf diese Person wächst dabei exorbitant. Alleine wie Sie da schon steht, dieses selbstgefällige lächeln und diese unverschämt enge Leggings, die förmlich schreit „Schaut her, ich bin Sportlich!“. Es ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Erst beschimpfe ich sie, danach weine ich  mich bei ihr aus und bevor ich wieder von vorne Anfange lache ich ganz kurz, da ich mich im Bildschirm gespiegelt habe. Natürlich darf ich nicht vergessen zu atmen, das ist sehr wichtig, wobei ich für einen kurzen Moment mit dem Gedanken spiele, das Atmen einfach einzustellen. Immerhin wäre das Training dann vorbei. Meine innere Stimme sagt „Das schaffst du schon“ und lässt dabei Bilder von Rocky Balboa aufblitzen. Immer wieder höhere ich Rocky rufen „Adrian, AAADRIIAANNN!“.

Endlich die letzten Sekunden sind angebrochen und wir geben nochmal alles, also Sie gibt nochmal alles, Ich liege zu diesem Zeitpunkt schon am Boden und versuche über mein Handy die Notfall SMS an sämtliche Ärzte zu verschicken.
Mit meinem Leben habe ich zu diesem Zeitpunkt schon längst abgeschlossen.
Nach ungefähr 48 Stunden werde ich langsam wach und realisiere langsam, dass ich meine sportliche Grenzerfahrung überlebt habe. 

An aufstehen war nicht zu denken, meine Beine konnte ich schon nicht mehr spüren.
Ich zog mich also in Richtung Sofa und versuchte mich daran hochzuziehen. Ich möchte garnicht wissen was dem Hund bei diesem Anblick durch den Kopf gegangen sein muss. Ich könnte mir vorstellen, das selbst der Hund über die Möglichkeit des Einschläfern nachgedacht hatte, immerhin sah er mich sehr bemitleidenswert an. Um dem Hund zu zeigen das ich aber dennoch das Alphatier zu Hause bin, schickte ich den Hund zurück in sein Körbchen, natürlich nachdem ich mich übergeben hatte.
Ich denke aber, er wollte einem sterbenden nicht auch noch seine Autorität nehmen!

Was danach genau passierte weiß ich garnicht mehr genau. Als ich aufstand verlor ich das Bewusstsein.
So hat es mir zu mindestens der Notarzt im Krankenwagen erklärt.

Für mich steht fest, ICH MACHE WEITER!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert